Kanzlei Hollweck senkt die Prepaid-Handyrechnung eines Mandanten von 14.727,65 EUR auf 10,00 EUR.
In seinem Urteil vom 18.07.2011 (Az. 38 O 350/10) gegen die Simply Communication GmbH, dem heutigen Anbieter Drillisch Online AG, urteilte das Landgericht Berlin, dass es ein Kunde im Rahmen eines Prepaid-Handyvertrags nicht hinnehmen muss, wenn der Prepaidanbieter eine ungewöhnlich hohe Rechnung auflaufen lässt, die weit über das aufgeladene Guthaben von 10,00 EUR hinausgeht.
Der Anbieter Simply Communication GmbH, gegen den das Urteil gesprochen wurde, ist der heutige Anbieter Drillisch Online AG (unter dem Dach der Drillisch AG). Dieser führt die Marken DiscoTEL, helloMobil, maXXim, McSIM, Sim, Smartmobil, DeutschlandSIM, Yourfone, Phone House, Hello Mobil, DiscoTel, DiscoPlus, DiscoSurf, PhoneX, WinSIM, PremiumSIM, M2M mobi, und natürlich Simply/SimplyTel.
Was war geschehen?
Mein Mandant hatte sich einen Prepaid-Handyvertrag zugelegt, welchen er meist mit einem Guthaben von 10,00 EUR nutzte.
Im August 2009 erhielt er von seinem Provider Simply Communication GmbH, dem heutigen Anbieter Drillisch Online AG, plötzlich eine Rechnung von 14.727,65 EUR über angebliche Internetnutzung mit seinem Prepaid-Handy.
Verständlicherweise wollte mein Mandant diese außergewöhnlich hohe Rechnung nicht begleichen. Er legte Widerspruch ein und war der Ansicht, dass er mit seinem Prepaid-Handy lediglich Kosten in Höhe des zuvor aufgeladenen Guthabens verursachen könne. Darüber hinausgehende Kosten könnten gar nicht entstehen, da das dem Sinn und Zweck eines Prepaid-Handys widerspreche. Zudem hatte er sein Handy überhaupt nicht für das Surfen im Internet genutzt, sondern lediglich für Telefonate und SMS.
Das Prepaid-Unternehmen Simply Communication GmbH (Drillisch Online AG) rechtfertigte die hohe Rechnung damit, dass mein Mandant bei Vertragsschluss die Option "automatische Aufladung" gewählt habe. Das hieße, wenn er Leistungen nutzt, die über die zuvor aufgeladenen 10,00 EUR hinausgingen, das Unternehmen jederzeit und ohne jegliches Limit diese Aufladung in 10,00-EUR-Schritten automatisch fortsetzen dürfe. Dementsprechend müsste mein Mandant nun diese hohe Rechnung für die angebliche Internetnutzung bezahlen.
Nach vielen weiteren Mahnungen seitens des Unternehmens Simply und Rechnungswidersprüchen meines Mandanten landete die Angelegenheit schließlich vor dem Landgericht Berlin. Das Prepaid-Unternehmen Simply/Drillisch Online AG hatte meinen Mandanten auf Zahlung der 14.727,65 EUR verklagt.
Mit dem nun ergangenen Urteil wies das Landgericht Berlin die Klage fast vollständig zurück und legte lediglich eine Zahlung in Höhe von 10,00 EUR fest. Meine Kanzlei führte den Rechtsstreit zu einem verbraucherfreundlichen Ausgang.
Was bedeutet dieses Urteil für Prepaid-Handykunden?
Das jetzige Urteil vom 18.07.2011 zeigt, dass Prepaid-Handyvertragsanbieter nicht grenzenlose Rechnungen erstellen dürfen. Kunden können sich darauf verlassen, lediglich das von ihnen eingesetzte Guthaben bezahlen zu müssen. Selbst wenn der Kunde vorher die Option "automatische Aufladung" wählt, heißt das nicht, dass der Prepaid-Anbieter Rechnungen ohne jegliches Limit erstellen darf.
Was sagt das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 18.07.2011?
Das Landgericht Berlin folgte meiner Argumentation und verwies in seinem Urteil auf den Umstand, dass sich der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag auf ein Prepaid-System beziehe. Das heißt, dass es ein wesentlicher Vertragsbestandteil sei, dass Leistungen nur in dem Umfang genutzt werden können, in dem zuvor das Guthaben aufgeladen wurde.
- Wörtlich heißt es dazu in der Urteilsbegründung: "Die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ergibt, dass zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass Gespräche nur nach Vorleistung durch Aufladung über das Guthabenkonto oder einmalig (vor erneuter aktiver Wiederaufladung) in Höhe von 10,- € abgerechnet werden dürfen."
Weiterhin ist das Landgericht Berlin der Ansicht, dass selbst eine "automatische Aufladeoption" des Guthabens nicht dazu führen dürfe, dass der Prepaidanbieter Simply grenzenlos Aufladungen vornehmen dürfe. Sonst wäre die automatische Aufladung ein Freibrief für den Provider, über den er seinen Kunden Rechnungen in astronomischer Höhe stellen könne.
- Das Gericht schreibt: "Die Wahl der Option "Webshop-Wiederaufladung 10" (Euro) (...) war nach dem für die Klägerin erkennbaren objektiven Empfängerhorizont nicht dahin zu verstehen, dass eine mehr als einmalige automatische Wiederaufladung in Höhe von 10,00 € vor erneutem aktiven Wiederaufladen gewünscht war.
Das bedeutet letztendlich, dass durch die automatische Wiederaufladung zwar eine einmalige Aufladung möglich ist, eine weitere Aufladung dann aber vom Kunden aktiv genehmigt werden müsste, oder dass zumindest eine gewisse Zeitspanne vergehen sollte. Es ist nicht möglich, dass der Prepaid-Mobilfunkprovider Simply über diese Option Aufladungen im Sekundentakt vornimmt.
- Weiter schreibt das Landgericht Berlin in der Urteilsbegründung: "Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin auch andere Wiederaufladebeträge anbot und als Merkmal des Prepaid-Tarifs eine erhöhte Kostenkontrolle herausstellte. Für die Klägerin war daher erkennbar, dass Kunden, die den Prepaid-Tarif wählten, für alle Gestaltungsmöglichkeiten des Prepaid-Tarifes grundsätzlich davon ausgingen, eine bessere Kostenkontrolle als beim Postpaid-Tarif zu haben. Ein Tarif, bei dem sich das Guthabenkonto aber unbegrenzt automatisch - um welchen Betrag auch immer - während der Verbindung wieder auflädt, bietet keine Vorteile bei der Kostenkontrolle gegenüber einem Postpaid-Konto, zumal die Klägerin auch nicht vertraglich verpflichtet ist, den Kunden sofort über die automatische Wiederaufladung durch SMS zu benachrichtigen."
Hier hebt das Landgericht Berlin einen ganz entscheidenden Aspekt hervor: Ein Kunde entscheidet sich bewusst für den Prepaid-Tarif, um eine Kostenkontrolle über sein Handy zu haben. Würde der Prepaid-Tarif aber letztendlich genau so abgerechnet, wie ein Postpaid-Tarif (also ein normales Vertragshandy), so ergäben sich keinerlei Vorteile für den Kunden. Er hätte bei einem Prepaid-Handy genau die gleichen Kostenrisiken wie bei einem Vertragshandy. Das darf natürlich nicht sein.
Rechtsanwalt Thomas Hollweck
Verbraucheranwalt in Berlin